Bedeutende Rebsorten Teil 5: Der Merlot
Der Merlot ist eine hochinteressante Rebsorte, denn sie kann (reinsortig ausgebaut oder im Verbund mit Cabernet Sauvignon) Weine vor Weltgeltung hervorbringen.
Der Ursprung der Rebsorte soll tatsächlich im Medoc liegen. Erstmals erwähnt wurde sie dort im 18. Jahrhundert. Sie ist sehr widerstandsfähig gegen den echten Mehltau, was die Rebsorte im 18. und 19. Jahrhundert sehr beliebt machte. Vor allem im Bordelais verdrängte sie in dieser Zeit den oft als Deckwein verwendeten Malbec, weil der Merlot ebenfalls eine dunkle Farbe aufweist, damals aber preiswerter als Malbec war, der aus dem Cahor kam.
Die Bodenbedingungen sind für Merlot dort besonders ideal, wo tiefgründige, schwerere und stärker Wasser speichernde Böden vorherrschen. Werden die Böden zu heiß und zu trocken, bekommt der Merlot schnell Probleme. Deshalb sind die bevorzugte Anbaubereiche im Bordelais auch die Regionen rechts der Garonne, also Pomerol und St. Emilion. Die Auswirkungen des Klimawandels werden in den nächsten Jahren aber auch hier deutlich zu Tage treten. Bisher konnten die Folgen durch Technik und Gespür der Winzer noch ausgeglichen werden. Ich wage aber zu bezweifeln, dass dies so bleibt.
Worauf beruht der Erfolg von Merlot im Bordelais?
Für den Erfolg der Rebsorte im Bordelais sehr bedeutend ist die Tatsache, dass sich Merlot und Cabernet Sauvignon in fast idealer Weise in Bezug auf das bevorzugte Terrois und ihre Struktur ergänzen. Im Medoc sind sie deswegen ein klassisches kongeniales DUO geworden, welches im späten 20. Jahrhundert in andere Anbaugebieten auf der Welt erfolgreich "kopiert" wurde. Man denke hier nur an Weine wie den Ornellaia aus der Maremma.
Allerdings ist Merlot auch ohne Klimaerwärmung keine einfach zu kultivierende Rebsorte, weil sie relativ früh austreibt, was sie sehr anfällig gegen Frost im Frühjahr macht. Beispiele im Bordelais sind die Jahrgänge 1971 und 1984, aber auch das Jahr 2017, als Spätfröste für eine erhebliche Mengenreduzierung oder sogar für einen Totalausfall der Ernte gesorgt hatten. Von Vorteil ist der frühe Austrieb wiederum, weil relativ früh geerntet werden kann und man dadurch den Regenfällen im Herbst oft entgeht. Die Trauben des Merlot sind relativ groß, die Schalen relativ dünn. Gibt es längere feuchte und verregneten Perioden, kann es deshalb schnell Probleme mit Fäulnis geben. Sind die Rahmenbedingungen jedoch ideal, hat diese Rebsorte ein gigantisches Potential!
Im Ergebnis sind Weine auf Merlot-Basis oft leichter zu trinkende, früher reife Weine mit moderaten Tanninen. Dies gilt vor allem für reinsortige Merlot-Weine. Aber Achtung: Einer der teuersten (und regelmäßig einer der besten) Weine aus Bordeaux wird meist reinsortig aus Merlot gekeltert. Das ist die Ikone aus Pomerol, Château Pétrus. Schon allein deshalb ist der Merlot eine sehr spannende Rebsorte mit ungeheurem Potential!
Aus welchen Rebsorten ist der Merlot entstanden?
Durch DNS-Analysen wurde erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts festgestellt, dass Merlot eine Kreuzung von Cabernet-Franc mit der fast ausgestorbenen Rebsorte Magdeleine Noire des Charentes ist. Äußerlich ähnelt sie sehr stark dem Carmenère, weshalb man diese Rebsorte noch vor 50 Jahren für eine Variante des Merlot hielt.
Zwischenzeitlich ist Merlot weltweit hinter Cabernet Sauvignon die Rotweinsorte mit der zweitgrößten Anbaufläche. In Frankreich allein sind es aktuell (Stand März 2020) deutlich mehr als 110.000ha (was fast eine Verdoppelung in den letzten 30 Jahren entspricht) und damit mehr als die gesamte Rebfläche in Deutschland! Weitere Anbauschwerpunkte sind Italien (auch der Masseto der Tenuta dell Ornellaia ist übrigens ein reiner Merlot!), Kalifornien, Chile und Australien. Im Bordelais hat sie ihren Schwerpunkt in den Rivère Droite genannten AOCs, also vor allem in St. Emilion und Pomerol. Dort ist sie die prägende Rebsorte der ganz großen Cuvées, wie zum Beispiel von Château Canon, Château Pavie und Château Angélus aus St. Emilion oder Château Clos l`Eglise aus Pomerol oder wie bereits erwähnt Château Petrus.
Im Medoc hingegen ist Merlot sehr oft als Partner von Cabernet-Sauvignon im Cuvée erhalten und prägt den Stil vieler großer Medoc-Weine wesentlich. Der Anteil reicht in der Regel von ca. 10% bis zu 40%. Zu diesen Weinen gehören zum Beispielt Château Palmer aus Margaux, Château Mouton Rothschild, Château Pichon-Baron, Château Pontet Canet oder Château Lynch-Bages aus Pauillac, Château Montrose und Château Cos d´Estournel aus St. Estèphe oder Château Ducru-Beaucaillou bzw. Château Talbot aus St. Julien.
Im Medoc gibt es allerdings auch Weingüter, deren Weine einen höheren Merlot-Anteil aufweisen. Das sind dann meist solche, die etwas weiter im Inneren der Landzunge liegen und die über keine Rebflächen mit "Kieselterrois" verfügen, wie sie in Ufernähe an der Gironde anzutreffen sind.
Interessant in diesem Zusammenhang, dass der Merlot in einem bedeutenden Weinnachschlagewerk aus den 1980er Jahren unter den bedeutenden Rebsorten nicht erwähnt wird. Das ist zumindest sehr erstaunlich und wird der Bedeutung dieser Rebsorte sowohl unter quantitativen als auch qualitativen Gesichtspunkten keinesfalls gerecht.